Eine erste Erwähnung des Talentes Gisbert Flüggens findet sich in No. 4 der in Köln erscheinenden “Gemeinnützigen und unterhaltenden Rheinischen Provinzial-Blätter” aus dem Jahre 1837. Dort heißt es in einem mit “Miszellen aus der Provinz – Wallrafianum in Köln” überschriebenen Beitrag: “Seit unserem letzten Berichte haben sich die jüngern Maler Kölns ein gemeinschaftliches Atelier gemiethet, um hier vereint ihren Studien obliegen zu können. Freundschaftlicher Rath, Austausch der Ansichten und Ideen über das, was gerade geschaffen wird, fördert immer, und so auch hier, denn durch das Streben des Einen wird der Andere angefeuert und ermuthigt, wenn er neben schon gediegenern Arbeiten auch die Seinige liegen sieht. Wir sahen in diesem Atelier einige Bilder, über die wir uns vorbehalten noch weiter zu reden, wenn sie ganz vollendet sind … Eine allerliebste gemüthvolle Composition ist ein Genre-Bild von dem Kölner G. Flüggen, einen alten Landmann, der seiner Familie etwas vorliest, darstellend. Ist dieser Gegenstand auch schon zu wiederholten Malen von Malern zum Vorwurfe gemacht worden, so dürfen wir dieser Composition in Bezug der Lebendigkeit des Ganzen und der individuellen Auffassung der einzelnen Charaktere des Prädikat gelungen nicht versagen. Es wird ein allerliebstes Bildchen und bekundet, daß der Maler in dieser Sphäre noch Ausgezeichnetes leisten wird, daß er seit seinem Aufenthalt in München, wohin er auch wieder zurückkehren wird, ausserordentliche Fortschritte gemacht hat. Was auf dem Bilde fertig, z. B. der Kopf des Alten ist äusserst lebendig und wahr.”
Der polnische Graf und preußische Diplomat Atanazy Raczyński schreibt in seinem im Selbstverlag 1840 herausgegeben Buch “Geschichte der neueren deutschen Kunst” über Gisbert Flüggen: “Dieser Künstler verschmäht nicht gute Beispiele und guten Rath; vor allem zieht er gern Kaulbach zu Rathe. Ein Gemälde, welches ich im Jahre 1835 von ihm gesehen habe, zeigte die Wirkung des von Flüggen gesuchten Einflußes, und daß sein Talent sich zu veredeln strebt.”
Für den Kölner Sammler Johann Jakob Merlo ist Gisbert Flüggen “ein mit Hogarth’schem Geiste begabter und in wackerm Fortschreiten begriffener Künstler”, wie er in seinem 1850 erschienenen Buch “Kunst und Künstler in Köln” formuliert.
1852 schreibt Wilhelm von Kaulbach, seit 1849 Direktor der Akademie der Bildenden Künste München, zur bevorstehenden Aufnahme Gisbert Flüggens in die Akademie in einem in Familienbesitz befindlichen handgeschriebenen Dokument: “Die königlich-bayerische Academie der bildenden Künste in München ergreift mit Vergnügen die ihr dargebotene Veranlaßung, dem Maler Gisbert Fluggen aus Coeln dahier ein Zeuchniß über seine künstlerischen Leistungen und Strebungen zu erteilen, das er in einem so hohen Grade verdient. Die Akademie freut sich aber um so mehr, das Organ für diese Bezeugung abzugeben und erblickt hierin umsomehr eine für sie angenehme Pflicht, als sie die Ehre hat, Herrn Fluggen unter die Zahl der hervorragendsten Ehrenmitglieder zu zählen.
Zur bevorstehenden Aufnahme Gisbert Flüggens in die Akademie der Bildenden Künste München legt Direktor Wilhelm von Kaulbach in einem handgeschriebenen, in Familienbesitz befindlichen Dokument die Gründe der Akademie dar.
Herr Fluggen ist ein Genremaler nicht im gewöhnlichen Sinne des Worts, sondern einer der wenigen, welche Darstellungen mit dem Volks- und Sittenleben der Gegenwart oder näheren Vergangenheit in einer Weise auffaßt, die ihnen den Wert und die Bedeutung von historischen Bildern sichert. Er wählt aber vorzugsweise gern solche Gegenstände zu seinen Darstellungen, welche ihm Gelegenheit geben, die Menschen in Situationen zu zeigen, die den Sieg des Guten über das Böse, der Tugend über das Laster, die Edelthat über das Verbrechen zu veranschaulichen imstande sind. Dahin gehören unter anderen sein unglücklicher Spieler, der unterbrochene Ehe-Contract, die Testamentseröffnung u. in mehrfacher zum Theil veränderter Wiederholung, die Erbschleicher. Doch gelingen ihm ebenso vortrefflich heiter gemütliche und idyllische Scenen aus dem Leben glücklicher Mütter und Großmütter. Überall aber ist es nicht nur etwa die lebensvolle Wahrheit, womit er die handelnden Personen nach Character u. Situationen aufzufassen und wiederzugeben weiß, es geschieht dieß auch mit dem vollsten Verständnis der Bedingungen einer in sich abgeschlossenen organisch abgerundeten Composition, es geschieht das nicht minder auch in der meisterhaften, durch seltene Kraft, harmonische Gesamthaltung und Wahrheit im Einzelnen auf gleiche Weise aus gezeichneten malerischen Ausführung und nicht genug anzuerkennen daß, wie sehr bereits seine früheren Bilder in diesen Beziehungen hervorragten, doch seine späteren Arbeiten auch hierin noch Fortschritte zur weitern Vollendung kundgeben. So nimmt Herr Fluggen als characteristischer Genremaler eine der ersten, wenn in seiner Art nicht die erste Stelle unter den lebenden deutschen Künstlern dieses Faches ein und mit unbestrittenem Rechte darf man ihm den ehrenden Beinamen eines deutschen Wilkie beilegen.
Wie sehr zu entschuldigen ist aber unter solchen Umständen der schließlich hier ausgedrückte Wunsch, daß Herr Fluggen die Verhältnisse gestalten möchte, mehrere größere Arbeiten, die er teils erst entworfen, teils schon begonnen hat, ohne Rücksicht auf Bestellung noch Stimmung und Muße ausführen und vollenden zu können.
München, den 9. November 1852, Direct. Kaulb. Secr.Präfect Markgraff”
Der Beitrag der in Leipzig erschienenen “Illustrirten Zeitung” vom 9. August 1856, in der das Gesamtwerk Flüggen bis dahin gewürdigt wird, endet mit der Feststellung: “Gisbert Flüggen tritt in Beziehung auf äußere Vorzüge seiner Bilder, Gruppenbau, Abwägung von Licht und Schatten, harmonische wohlthuende Färbung durch alle Nüancirungen, namentlich im Helldunkel, untadeligen, edlen Geschmack in allen Beiwerken, kurz in Beziehung auf alle künstlerischen Anforderungen an die Technik und Anordnung mit den ersten Meistern Deutschlands, Frankreichs und der Niederlande wetteifernd in die Schranken. Seine Bilder werden für alle Zeiten als die köstlichsten Perlen der Malerei überhaupt und speziell der historischen Genremalerei angesehen werden.”